Am 18. April fand der alljährliche Marsch der Lebenden statt, an dem auch ich mit einer deutschen Gruppe aus dem Zentrum für Dialog und Gebet teilgenommen habe. Bevor es zum eigentlichen Marsch ging, hatten wir noch die Möglichkeit, mit einem deutschen Politiker namens Nathanael Liminski ein Interview zu führen. Herr Liminski ist der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei des Landes Nordhein- Westfalen und hat auch an der Veranstaltung teilgenommen.
Als wir dann zum Stammlager (Auschwitz) gegangen sind, konnte ich eine unglaublich große Anzahl von Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern sehen. Fast alle trugen so blaue Jacken, die extra für diesen Marsch produziert wurden, wodurch man einen Eindruck bekam, als wäre diese große Masse an Menschen eine Einheit. Es war aber sehr erstaunlich, wie gut die Stimmung war, fast schon wie auf einem Festival, obwohl wir uns auf dem ehemaligen Stammlager von Auschwitz befanden. Es war unvorstellbar, dass so viele Menschen zusammenkamen, um der Opfer des Holocausts zu gedenken. Der Marsch begann, doch bereits nach drei Schritten mussten wir wieder anhalten und weitere fünf bis zehn Minuten warten, bevor wir uns weiterbewegen konnten. Insgesamt dauerte es 2,5 Stunden, bis wir das Stammlager verlassen hatten und schließlich nach Birkenau gelaufen sind, was auch nochmal eine Stunde dauerte. In Birkenau gab es dann eine emotionale Veranstaltung, die sich an die Opfer des Holocausts richtete. Es war ein bewegender Tag, an dem ich unglaublich viele Menschen aus der ganzen Welt treffen konnte und die Bedeutung der Erinnerung an die Opfer des Holocausts noch einmal deutlich spürte. Der Marsch der Lebenden ist eine wichtige Initiative, um sicherzustellen, dass diese schreckliche Tragödie niemals vergessen wird.
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Endlich ist der Frühling da und die Sonne kommt häufiger zum Vorschein. Die Tage werden länger und endlich kann ich wieder mit dem Fahrrad zur Arbeit ohne zu frieren. Dieser Monat war unfassbar schön und sehr ereignisreich. Bei der Arbeit im Zentrum für Dialog und Gebet hatten wir in letzter Zeit viele Gruppen und somit bekam ich die Gelegenheit, viele Stadtführungen zu geben. Es macht immer wieder Spaß, auch wenn ich im Grunde genommen das Gleiche sage. Denn jede Gruppe ist individuell und es gibt immer wieder neue Fragen und Perspektiven. Ich hatte auch die Chance, das Jüdische Museum und die Synagoge zu erkunden und dort Führungen zu geben. Es war eine Herausforderung, aber auch sehr interessant und ich sammle immer noch weitere Informationen, um sie an zukünftige Gruppen weitergeben zu können. Neben der Arbeit hatte ich auch in meiner Freizeit viel zu tun und die Wochenenden waren voll verplant. Da das Wetter in Oświęcim jetzt deutlich angenehmer wird, erkunde ich nun häufiger die schönen Ecken der Stadt. So habe ich zum Beispiel drei Seen entdeckt und der Sonnenuntergang war dort wirklich wunderschön. Alles wirkte so ruhig und friedlich.
In der Woche vom 06-10.03.2023 war bei uns im Zentrum sehr viel los. Wir hatten eine Gruppe von der Maximilian Kolbe Stiftung, die aus 29 Offizieren bestand, die aus Polen, Deutschland und Frankreich kamen. In diesem gesamten Workshop ging es darum, eine gemeinsame Vision von militärischer Verantwortung zu entwickeln. Grundlage für den Workshop war das Problem einer gemeinsamen Erinnerung an die Gewalttaten der Geschichte, die durch das ehemalige Konzentrationslager der Nazis symbolisiert wird. Hinter den Kulissen gab es sehr viel zu tun. Beispielsweise musste ich ca. 40 Mappen für die Teilnehmer zusammenstellen. Ansonsten mussten wir in den Konferenzräumen Übersetzungskabinen aufbauen lassen, damit man immer alles live übersetzen konnte und jeder direkt alles versteht. Diese Gruppe hatte außerdem wirklich ein straffes Programm, um möglichst viel aus dieser Woche mitzunehmen. Unteranderem gab es zwei Zeitzeugen Zdzislawa Włodarczyk und Grzegorz Tomaszewski. Am letzten Abend gingen die Offiziere nach Auschwitz vor die schwarze Wand (auch Todeswand genannt), um dort die Opfer zu ehren und Respekt zu erweisen. Es war sehr beeindruckend mit den Offizieren abends in Auschwitz zu sein und ich bin sehr dankbar, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Besonders war es außerdem, weil es auch schon sehr still und leer war, da das Museum um diese Uhrzeit schon geschlossen hatte, was auch nochmal einen anderen Eindruck gegeben hat.
Eine Besonderheit in diesem Monat war ein Konzert, auf das ich mit einem anderen Freiwilligen aus Oświęcim gefahren bin. Wir sind nach Gliwice gefahren und waren auf dem „Bring me the Horizon“ Konzert, was wirklich ein schönes Erlebnis war. Nur leider hatten wir ein Problem wieder nachhause zu kommen. Das Konzert war gegen 24 Uhr zu Ende und natürlich fährt um diese Uhrzeit kein Zug mehr. So mussten wir auf dem kalten Bahnhof warten bis der erste Zug kommt und dann noch auf einem anderen warten, der uns dann nach Oświęcim bringen würde. Ich bin dann gegen 6 Uhr morgens in Oświęcim angekommen und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass es sehr kalt war…der Thermometer hat unglaubliche -12°C gezeigt. Übrigens an diesem Tag musste ich auch noch arbeiten.
Im Januar schneite es erneut, worüber ich mich sehr freuen konnte, denn frischer Schnee macht diese Stadt viel schöner besonders, wenn die Bäume mit einer weißen Schicht bedeckt sind. Ich wollte unbedingt auch das Museum Auschwitz Birkenau mal im Schnee erleben, um einfach einen anderen Eindruck zu bekommen. Die jetzigen Winter sind im Vergleich zu den im zweiten Weltkrieg viel wärmer und wenn man sich versucht vorzustellen, wie die Häftlinge in den Baracken diese Kälte ohne warme Kleidung mit nicht wirklich einem wärmenden Heizkörper überlebt haben, ist man einfach fassungslos. Als ich Birkenau so weiß, friedlich und still gesehen habe und dabei auch wirklich viel anhatte und mir trotzdem kalt war, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, wie es die Menschen hier damals überlebt haben, obwohl viele aufgrund der Kälte auch einfach gestorben sind. An diesem Tag gab es viele Gruppen, die rote Rosen da gelassen haben und dieser Kontrast von dem hell weißem Schnee und dieser Rosen war sehr stark. Diese roten Rosen wirkten, wie das Blut der Holocaust-Opfer, das auf dem Schnee vergossen wurde.
Am 19. Januar war der 78 Jahrestag des Evakuierungs-„Todesmarsches“ und eine Delegation des Zentrums für Dialog und Gebet bestehend aus dem Direktor Pfr. Mateusz Wójcik, Beata Sereś und mir, nahm an der Gedenkfeier zu diesem tragischen Ereignis auf dem städtischen Friedhof in Brzeszcze teil. Dort befindet sich das erste Grab für die Opfer dieses Marsches.
Schon direkt als der erste Dezember an der Reihe war und ich das erste Türchen öffnen durfte, habe ich es bereut keine Winterschuhe mitgenommen zu haben. Zu Beginn war es nur kalt, aber kurzdarauf hat es durchgehend geschneit und es war eisig kalt. Ich habe lange nicht mehr so einen schönen Winter gesehen. Besonders Mitte Dezember war es sehr schön weiß und auch ein wenig gefährlich, da es so glatt war. Als ich mit dem Bus zu Arbeit gefahren bin, hat der Bus ca. doppelt so lange gebraucht und als ich an meiner Haltestelle aussteigen musste, musste ich mit meinen Sneakern in den 20 cm tiefen Schnee treten und so kam ich mit komplett nassen Füssen zur Arbeit. Obwohl man es vielleicht nicht denkt, war hier viel los im Dezember. In der ersten Woche musste ich ca. 160 Weihnachtsnikolaus Pakete für Kinder vorbereiten. Was ich dazu sagen kann, es war wirklich viel Arbeit, da jedes Kind auch andere Wünsche hatte und ich auf alle Pakete auch die Namen schreiben musste. Zum Glück bin ich rechtzeitig fertig geworden und am 04.12 wurden die Geschenke dann an die Kinder von dem Nikolaus persönlich hier im Zentrum verteilt. Es war wirklich eine größere Veranstaltung. Kurz vor Weihnachten habe ich sogar selbst so ein Geschenk erhalten, natürlich höchstpersönlich von dem Nikolaus. Am 06.12 habe ich mir außerdem frei genommen und bin auf den Weihnachtsmarkt in Krakau gefahren. Der Glühwein war ehrlich gesagt nicht so das Beste von besten, aber stattdessen habe ich den Leckeren polnischen Bergkäse gegessen Oscypek, was meinen Tag in Krakau ein weinig gerettet hat. Mitte Dezember war ich außerdem noch mit ein paar Freiwilligen auf den Weihnachtsmarkt in Katowice und wir haben da auch schon etwas Weihnachtliches gegessen. Sonst sind wir auch einmal nur in Oświęcim spaziergegangen, um den Schnee bisschen zu genießen und haben sehr viel Spaß in dem Schnee gehabt, auch wenn wir danach komplett nass zuhause ankamen.
![]() Am 11. November war in Polen der polnische Unabhängigkeitstag, an dem sehr viel in der Stadt los war. Überall hat man die polnische Fahne hängen sehen. Die Bewohner von Oświęcim sind schick gekleidet in die Stadt gegangen und haben in der Stadt ein wenig gefeiert und es gab eine Parade. Überall hat man auch Soldaten und Pfadfinder gesehen. Man hat einfach einen anderen Eindruck von Nationalstolz gesehen, als man den in Deutschland zu sehen bekommt. ![]() In dieser Woche waren bei uns im Zentrum für Dialog und Gebet die Peacemakers. Dies ist eine Gruppe von Menschen aus verschiedenen Ländern und mit verschiedenen Religionen, die versuchen hier auf die Stimme des Ortes zu hören und täglich in Birkenau meditieren. Aus diesem Grund bringen wir ihnen mittags eine Suppe, die sie dann vor den Toren des Lagers in Birkenau essen und sich unterhalten. Am dritten Tag wurde ich eingeladen, mir genau anzuschauen, wie deren Programm aussieht und so bin ich nach dem Essen mitgegangen. Ich habe ein weiches Kissen bekommen, auf dem ich mich dann im Schneidersitz auf dem kalten Boden hingesetzt habe. Wir saßen draußen, da wo die Rampe war, an der die Häftlinge ab 1944 selektiert wurden. Bevor das Meditieren angefangen hat, hat mich ein älterer Herr angesprochen, der aus Florida kommt und wir haben uns ein wenig mit meinem gebrochenem Englisch unterhalten können. Dann haben wir die ersten 45 Minuten meditiert und nach einer kurzen Pause haben ein paar von den Peacemakers sehr viele Namen von Menschen vorgelesen, die in Birkenau ihr Leben gelassen haben. Danach folgten wieder 45 Minuten Meditationszeit. Als wir dann wieder zurück gegangen sind, habe ich mich noch mit einem anderen Herrn aus New York unterhalten und habe erfahren, dass er hier seit 1996 jedes Jahr hinkommt und die Peacemakers begleitet. Wir haben uns tatsächlich nur auf Englisch unterhalten und ich fand das Gespräch sogar sehr gut und entspannt. Vielleicht ist mein Englisch jetzt schon besser geworden. ![]() Nun ist es schon November und es wird sehr schnell dunkel. Immer wenn ich von der Arbeit komme, denke ich, dass es gleich Schlafenszeit ist, trotzdem werden die Straßen erleuchtet und man hat ein schönes wohlfühlendes Gefühl. Am ersten November war in Polen Tag der Allerheiligen. An diesem Tag gedenken die Polen ihre verstorbenen Familienmitglieder und Freunde, indem sie deren Gräber bunt mit Blumensträußen, Gestecken, Kränzen und allerlei Grablichtern verschönern. Aus diesem Grund bin ich, als es schon dunkel war, auf den Friedhof in Oświęcim gegangen und war sehr beeindruckt, wie hell der Friedhof beleuchtet ist, da es so viele Grablichter gab. Es war sehr eindrucksvoll. |
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April 2023
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